Katastrophensystem oder Katastrophen-System?

UseTree ist während der Beschäftigung mit sicherheitskritischen Systemen auf eine neuartige Entwicklung der Universität Lübeck gestoßen. Ziel ist es, in Krisensituationen, wie z.B. Naturkatastrophen, einen Überblick zu vermitteln, an welchen Orten wie viele Helfer benötigt werden. Realisiert werden soll dies in Form eines Bildschirms, der an öffentlichen Orten, z.B. Bahnhöfen, platziert werden soll. Die Idee basiert auf der Erkenntnis, dass Helfer aus anderen Regionen mangels Informationen oft in die größeren Städte fahren und ihnen nicht bewusst ist, dass ihre Hilfe im Umland viel dringender benötigt wird.

Die Vision eines solchen Systems hat innerhalb von UseTree eine rege Diskussion zwischen den Mitarbeiterinnen UsePro und TreeContra entfacht. Im Folgenden können Sie den Meinungsaustausch nachlesen.

Tree Contra: Ich bin der Meinung, dass der Aufwand, das an einem Bahnhof platzierte Gerät aufzusuchen, für Personen, die helfen möchten, zu groß ist. Immerhin macht man sich auf den Weg und möchte gleich loslegen. Dann erst noch einen Bahnhof oder Ähnliches suchen, an dem so ein Gerät zu finden ist? Das wäre mir zu aufwendig.

Use Pro: Aber du kommst als ortsfremder Helfer sowieso immer am Bahnhof an, da kommst du automatisch daran vorbei!

Tree Contra: Wenn ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreise, kann das der Fall sein, muss aber nicht, oder? Zudem – woher weiß ich, wo so ein Gerät zu finden ist?

Use Pro: Ich dachte die Idee wäre, dass die meisten Leute in die größeren Orte fahren und von dort aus nicht weiterwissen und deshalb nicht in die Dörfer weiterfahren. Die stehen am Bahnhof rum und man bräuchte dort eine Möglichkeit, sie weiter zu verteilen.
Ich denke, es kann nicht so schwer sein, so ein Ding sichtbar aufzustellen. Ein großes Display in der Bahnhofshalle… vielleicht unter der Ankunftstafel?

Tree Contra: Also an sich ist die Idee sinnvoll, an großen öffentlichen Orten so ein Gerät zu platzieren, für genau die Menschen, die so anreisen. Ich glaube, dass viele aber auch erst mal mit dem Auto anreisen, gerade wenn sie von weiter weg kommen und vielleicht auch noch Spenden oder ähnliche Materialien dabei haben. Sinnvoller würde ich es finden, wenn ich eine SMS erhalten würde, oder mich einfach schon daheim informiere. So könnte ich direkt in die kleineren Orte fahren, die ja auch oft nicht einmal mit dem Zug erreichbar sind.

Use Pro: Gerade bei Katastrophenhilfe braucht man ja keine globale Informationsinstanz wie weltweit zugängliche Internetplattformen, weil sowieso nur die Leute helfen können, die auch vor Ort sind. Wenn du dich noch zu Hause informierst, besteht die Gefahr, dass du sechs Stunden später dort ankommst und die Situation schon wieder ganz anders aussieht. Das Gerät jedoch gibt den aktuellen Bedarf in der Nähe wieder.

Tree Contra: Glaubst du denn nicht, dass Helfer vor Ort oder bestimmte Organisationen vor Ort miteinander kommunizieren? Ich stelle mir es so vor, dass ich anreise, mit dem Auto, und man mir im Katastrophengebiet sagen kann, dass ich besser in das Dorf XY weiter fahren soll, da dort mehr Hilfe benötigt wird. Bevor ich zu einem Bahnhof fahre und dort schaue…Ich denke, wenn man nicht mit der Bahn anreist, geht einfach zu viel Zeit für das Fahren in die nächstgrößere Stadt und die Suche nach dem Bildschirm verloren, die man auch hätte sinnvoller nutzen können.

Use Pro: Und was ist, wenn es kein Internet usw. mehr an der Katastrophenstelle gibt, z.B. weil das Netz überlastet ist? Ich dachte, dieses Display soll dafür sorgen, dass Leute sich mit ihrem Handy damit verbinden können und dann die Informationen davon abrufen.
Oder aber es ist ein Gerät, das nur für diesen einen UseCase gedacht ist, dass Leute mit der Bahn in eine große Stadt fahren. Wir wissen ja, dass man mit keiner Lösung die eierlegende Wollmilchsau erschaffen kann. Man kann immer nur eine Nutzergruppe befriedigen. In diesem Fall besteht die aus bahnreisenden Helfern.

Tree Contra: Wenn die ganze Elektronik, Strom etc. ausgefallen ist, wie soll dann das Gerät noch funktionieren? In bestimmten Katastrophensituationen macht das vielleicht Sinn, aber doch nicht bei einem Super GAU.

Ich denke auch, dass es hier nur um Bahnfahrer geht. Bezüglich Nicht-Bahnfahrer finde ich es weniger geeignet. Als Argumentation für das System spräche, dass Ortsfremde nicht wüssten, welchen Radiosender man in fremden Städten einschalten müsste. Ich verstehe das so, dass sie damit Autofahrer angesprochen haben, denn in der Bahn wird man wohl kaum Radio hören. Zudem finde ich diese Aussage auch unpassend. Bei einer Katastrophe werden sicherlich einige Radiosender berichten und ich muss gar nichts suchen…

Aber nun weiter zum Bahnfahrerszenario, ich reise dann nun also mit der Bahn an, habe mich informiert, und wie soll es dann weiter gehen? Man sagt mir dann also, dass ich ins 150km entfernte Dorf soll, da hier meine Hilfe benötigt wird. Der Zug, sofern er fährt, kommt vielleicht in 20 Minuten, also bin ich etwa zwei Stunden später dort. In zwei Stunden kann sich auch viel ändern. Zudem habe ich für die Anreise auch schon einige Zeit benötigt und habe so langsam auch keine Lust mehr.

Use Pro: Das mit der scheinbar unmöglichen Radiosendersuche stimmt natürlich. Ein bisschen haben sie den Helfern die Denkfähigkeit abgesprochen. Mir fällt jetzt aber wieder ein, was der Hauptpunkt dieses Displays war, nämlich Koordination! Du empfängst dort als Helfer nicht nur Informationen, sondern meldest deine Hilfe an. Dann passiert es nicht, dass alle zur gleichen Stelle fahren und woanders niemand ist.
Ich denke ein Helfer, der wirklich helfen will, fährt dann auch noch in das Dorf weiter, aber ich sehe schon ein, dass es besser wäre, ein mobil nutzbares System zu haben. Wie stellst du dir die Anmeldung bei deiner SMS-Alternativversion vor?

Tree Contra: Ob ich mich nun dort registriere oder vorab irgendwo, macht nur den einen Unterschied, ich spare Zeit! Ich bin also schon vorher registriert oder habe mich dort gemeldet und erhalte am besten noch zu Hause eine Nachricht, in der alle für mich wichtigen Informationen bereitstehen. Für die Koordination wäre es nun schön, wenn ich noch die Möglichkeit hätte, dies irgendwie zu bestätigen, vielleicht auch per SMS.

Allgemein denke ich, dass solche Geräte zusätzlich eine Hilfe darstellen und auch sinnvoll genutzt werden können. Aber ich glaube auch, dass das beschriebene System niemals alle überzeugt und/oder andere Dinge vollständig ablöst.

Use Pro: Okay, das sehe ich ein. Wie gesagt, es kann ja auch keine Lösung alle überzeugen. Ich finde, eine Benachrichtigungsfunktion, wie du sie dir wünschst, sollte auf jeden Fall dabei sein. Aber das stationäre Gerät halte ich dennoch für eine sinnvolle Ergänzung, z.B. auch für weniger technikaffine Nutzergruppen.

Tree Contra: Ja, ein stationäres Gerät zur Ergänzung halte ich auch für nützlich. Vermutlich bieten beide Varianten ihre Vor- und Nachteile.

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